Paulo Coelho: Ein anderer Blick auf das Urheberrecht     (21.01.2008)  
 

 

Kostenlose Bücher sorgen für steigende Verkäufe

Bloß nichts umsonst weggeben, ist die Maxime von vielen Rechteverwertern. Denn wenn die Konsumenten Inhalte kostenlos bekommen, kaufen sie sie nicht. Doch das stimmt so nicht, hat der Schriftsteller Paulo Coelho bewiesen: Er stellt seine Bücher ins Netz - und verkauft seither viel mehr.

Das Netz, sagte der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho auf der Konferenz "Digital, Life, Design" in München, ermögliche ihm den Kontakt zu seine Lesern. Jeden Tag verbringe er zwei Stunden damit, sein Blog zu führen oder mit seinen Lesern über Myspace und Facebook zu kommunizieren. Er liebe das Internet.

Bücher zu schreiben, so Coelho, sei eine "einsame Angelegenheit". Deshalb genieße er den Leserkontakt. Zum ersten Mal in seinem Leben könne er mit seinen Lesern interagieren. Das sei für ihn eine "Segnung des Internets".

Gleichzeitig nutzt der Schriftsteller seit einigen Jahren das Netz erfolgreich zur Vermarktung seiner Bücher. So konnte Coelho zum Beispiel in Russland die Verkäufe seiner Bücher ankurbeln, indem er eines kostenlos im Internet zur Verfügung stellte: Im Jahr 2000 verkaufte er auf Grund von Vertriebsproblemen nur 1.000 Bücher im Jahr. Daraufhin entschloss sich Coelho, eine Website einzurichten, über die er seinen Roman "Der Alchemist" auf Russisch kostenlos zum Download anbot. Er sehe keinen Widerspruch darin, dass seine Leser etwas umsonst bekämen und anschließend seine Bücher kaufen.

Der Erfolg habe ihm Recht gegeben: In nur einem Jahr konnte er seine Verkäufe verzehnfachen. Inzwischen werden Coelhos Romane auch in Russland millionenfach verkauft. Weltweit, so sagte er, habe er inzwischen 100 Millionen Leser.

Seine eigenen Erfahrungen haben Coelho dazu gebacht, das Urheberrecht zu überdenken. "Wir sollten Kunst und Inhalt aus einer anderen Perspektive betrachten", konstatierte der Schriftsteller und empfahl, großzügig mit den Inhalten umzugehen. Dann bekomme man auch etwas zurück.

Quelle: http://www.golem.de/0801/57147.html


netbib-weblog:

Paulo Coelho: Der Autor als Buch-Pirat

Janko Röttgers schreibt in seinem P2P Blog, wie und warum ein Romanautor heute zum Buchpiraten wird, der seinen Leserinnen und Lesern dabei hilft, digitale Kopien zu klauen:

The best-selling Brazilian author Paulo Coelho told the audience of the Digital Life Design conference last week in Munich that he has been secretly helping online book pirates - and in turn has gotten thousands and thousands of new readers.

Coelho said that he had some great experiences with free promotional book downloads, but oftentimes foreign publishers wouldn’t support the idea of giving away his books. So he got creative and mingled with the pirates.

piratecoelho

Coelho went to Torent sites and downloaded copies of his books in all kinds of different languages. He then started a Wordpress blog called Pirate Coelho and uploaded all those pirated copies there, free to download for everyone. Of course, he had to make some publicity for this site, so he decided to “find” it himself. From his keynote speech:

“We put up a link on the blog, like I was very surprised. (…) The link is on the main page of my blog. I have to play a little bit naive, that I don’t know. But people go there, they download the book, and, believe it or not: The sales of the book increased a lot.”

Paulo Coelho has sold over 100 million books worldwide, and his works have been translated into 66 languages. He told his audience in Munich that he believes authors can benefit from following his example and giving away their works:

“At the end of the day people are going to buy it because it stimulates people to read and it simulates people to buy.”

You can watch his complete keynote speech here.

http://log.netbib.de/archives/2008/01/25/paulo-coelho-der-autor-als-buch-pirat/


 

Das Literatur-Cafe: Paulo Coelho stellt Raubkopien der eigenen Werke ins Netz - und verkauft mehr Bücher

 

Paulo Coelho stellt Raubkopien der eigenen Werke ins Netz - und verkauft mehr Bücher

»Raubkopierer sind Verbrecher.« So lautet die einfache Kampagnen-Logik der Musikindustrie, der sich mittlerweile auch die Verlage angeschlossen haben. Demnach ist auch der Bestsellerautor Paulo Coelho (»Der Alchemist«, »Die Hexe von Portobello«) ein Verbrecher. Man hätte ihn am vorvergangenen Montag in München gleich verhaften sollen.

 

Vor über 100 Zuhörern gestand Coelho auf der DLD-Konferenz, dass nicht ein anonymer Fan, sondern er selbst die Website »Pirate Coelho« (piratecoelho.wordpress.com) ins Netz gestellt habe.

 

Coelho hat sämtliche illegalen digitalen Kopien seiner Werke im WWW und in den Tauschbörsen zusammengesammelt und verlinkt sie auf dieser Website. Um die Site noch populärer zu machen, hat er sie sogar auf seiner offiziellen Website verlinkt und in einem Blog-Eintrag mit gespieltem Entsetzen darauf verwiesen.

 

Warum tut dieser Mann das? Nach der Logik der Verleger gräbt er sich damit doch das eigene Wasser ab. Niemand wird seine Bücher kaufen, wenn man sie umsonst im Netz bekommt.

 

Falsch, sagte Coelho in München, denn das Gegenteil sei der Fall! Der Verkauf seiner Bücher habe sogar zugenommen. Doch wie begründet Coelho dies? Wer will, kann es in seiner 20minütigen Rede selbst hören, die hier online anzusehen ist (das Video dauert zwar 1 3/4 Stunden, jedoch spricht Coelho gleich am Anfang in den ersten 20 Minuten).

 

Bereits im Jahr 2000 stellte Coelho ein Buch, das er speziell für diesen Zweck geschrieben hatte, kostenlos auf seiner Website als Download zur Verfügung. In den ersten fünf Monaten wurde die Datei über 1 Million Mal heruntergeladen. Ein offenbar großer Erfolg. Doch bis zum heutigen Tag, so Coelho, gab es keinen einzigen Kommentar zu diesem Buch. Coelho folgert daraus, dass die Leute das Buch zwar in einer Jäger- und Sammler-Mentalität herunterladen - aber nicht lesen. Coelho: »Wenn die Menschen lesen wollen, dann kaufen sie die Bücher.«

 

Aufgrund dieser Erfahrung machte Coelho ein weiteres Experiment: Der Verkauf seines Romans »Der Alchemist« verlief in Russland nur schleppend. Es gab Probleme, das Buch in die Buchhandlungen zu bringen. Er verkaufte nur 1.000 Exemplare im ersten Jahr. Daraufhin stelle Coelho eine Raubkopie der russischen Ausgabe ins Netz. Der Verkauf wuchs auf 10.000 Exemplare im darauf folgenden Jahr an. Im Jahr danach waren es dann über 100.000 verkaufte Bücher. Coelhos Verleger wunderte sich, denn beworben wurde das Buch nicht. Coelho führt diesen Erfolg ausschließlich auf die frei im Netz verfügbare Raubkopie zurück. »Die Leute laden sich das Buch herunter, beginnen zu lesen. Und wenn es ihnen gefällt, fragen sie nach und wollen das Buch kaufen. Die Nachfrage steigt, und das Buch ist plötzlich verfügbar.« Wieder ein Jahr später wurden in Russland 1 Million Bücher verkauft.

 

»Es ist fantastisch«, schwärmt Coelho, »man gibt den Lesern sein Buch und diese entscheiden, ob sie es kaufen wollen oder nicht.«

 

Und so erstellte Coelho schließlich die Website mit den Links zu den Raubkopien.

 

»Es gibt keinen Konflikt zwischen der Tatsache, dass es etwas umsonst gibt, und am Ende des Tages kauft man es, weil es die Leute zum Lesen und Kaufen anregt.

 

In seinem Vortrag berichtete Coelho auch darüber, dass das Internet ein wunderbares Medium sei, um seine Leserinnen und Leser kennen zu lernen. Zwar betonte er gleich zu Beginn seiner Rede, dass nichts die persönliche Begegnung ersetzen könne, doch verbringe er täglich an die drei Stunden, um über sein Blog, Facebook, Flickr und mySpace mit den Lesern in Kontakt zu treten.

 

Coelho macht sich auch keine Sorgen darüber, dass die oftmals kryptischen und abgekürzten Schreibweisen im Netz die Sprache verändern. Die Sprache lebt, so Coelho, der davon überzeugt ist, dass sie sich bedingt durch die Kommunikation im Netz in 20 Jahren radikal geändert haben wird. Und dennoch wird gerade im Internet-Zeitalter mehr als zuvor gelesen und geschrieben.

 

Leider wurde in einigen Medienberichten fälschlicherweise geschrieben, Coelho habe gefordert, »einen anderen Blick auf das Urheberrecht« zu werfen. Das ist Unsinn, denn sicherlich würde auch für Coelho spätestens dann der Spaß aufhören, wenn andere seine Werke unter ihrem Namen veröffentlichen würden. Coelho hielt den Vortrag auf Englisch und sprach von »Copyright«, was in diesem Zusammenhang nichts mit dem (deutschen) Urheberrecht zu tun hat. Der Begriff »Verbreitungs- und Nutzungsrechte« wäre passender gewesen.

 

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